11. Oktober 2010

Ich bin ein herzloses Arschloch aka. Der Untergang des Deutschen Fernsehens

Wenn ich mich so zurück erinnere an die letzten paar Jahre TV-Programm fällt mir nur eine richtig gute Zeit ein. Als "Emergency Room" noch zum ersten Mal über die Röhrenfernseher flimmerte und jeden Mittwoch eine neue "Stargate-SG 1" Folge auf RTL II zu sehen war. Das war weit vor dem Online-Serien-Zeitalter, das sich in Streamland, Torrenttown und Rapidsharistan abspielt. Heute besteht die Herausforderung nicht mehr darin das Programmheft lesen oder den Videorekorder richtig programmieren zu können, sondern zu wissen, welche Serien gut sind und wo man sie streamen oder herunterladen kann. So ist es kein Problem die neusten Staffeln richtig guter Serien wie "Mad Men", "Community", "30 Rock", "Boardwalk Empire" oder "How I Met Your Mother" wöchentlich mit den Amerikanern zusammen verfolgen zu können. Nicht nur, dass es eine halbe Ewigkeit dauert, eine gute Serie für das deutsche Fernsehen zu übersetzen, die besten Serien werden dort vielleicht sogar niemals gezeigt. "Firefly" zum Beispiel. Im TV der heutigen Zeit muss man lange nach guten Serien, geschweige denn Programmhighlights suchen. Die Primetime unter der Woche ist vollgepackt mit Schrott wie "Greys Anatomy", all ihre Ableger, einfallslosen Galileo-Sendungen und unausprechlichen Eigenproduktionen von RTL II für Leute zwischen 14 und 18, mit einem IQ unter 20. Sprich: Unter der Woche läuft bei mir der Fernseher nur Morgens zwischen 07:00 und 08:00 Uhr, wenn ich mich für die Arbeit fertig mache.

Die meisten Sender kann man sowieso vergessen (MTV? War das nicht mal ein Musiksender?). Aber dennoch gibt es ein bis zwei neue Sendungen, die den herzlosen, hirntoten Zuschauer ansprechen: Also mich.
Im 18. und 19. Jahrhundert gab es in den noch jungen Staaten sogenannte "Freak Shows" - Ausstellungen merkwürdiger Raritäten. Nicht zu verwechseln mit
Bärtige Frauen, missgebildete Krüppel und zurückgebliebene Engelfanatiker findet man 2010 in der von RTL produzierten Sendung "Schwiegertochter gesucht" wieder. Das einzige was fehlt sind dreiköpfige Kälber und achtgliedrige Katzen, aber man soll ja die Sendung nicht vor dem Staffelende loben. "Schwiegertochter gesucht!" ist die Freak-Show des 20. Jahrhunderts und nichts für schwache Mägen, sanfte Gemüter und Menschen mit Herz. Junggesellen, bei denen auf den ersten Blick klar ist, warum sie 49 und immer noch allein stehend sind, dürfen sich aus Leserzuschriften 2 Traumfrauen aussuchen. Diese Bestien vor dem Auge des Herrn kämpfen dann um das Herz des Knaben, der -überraschenderweise- am Schluss meistens trotzdem leer ausgeht. Doch das Kernstück der Sendung ist nicht die traurige, menschenverachtende Fassade, die passend von Vera Int-Veen moderiert wird, sondern es sind die redaktionellen Feinheiten. Den Textern, Cuttern und Redakteuren dieser Sendung, gehörte der deutsche Fernsehpreis verlieren, wenn dieser noch etwas wert wäre. Die wahren Highlights der Show, sofern man herzlos und abgesotten genug ist, sich die anzusehen, sind nämlich die Moderationen und die Bauchbinden. Die Redakteure der Sendung haben Personenbeschreibungen neu erfunden: "Kratzbildfan Peer" und "der vitale Vibrationstrainer Carsten" und sind nur zwei Beispiele.

Natürlich tragen die traurigen, absonderlichen Charaktere zur Sendung bei, aber die sorgen lediglich für Lacher bei Menschen ohne Seele. Da gab es in der dritten Staffel die Monika, die nicht nur zu fett war um durch ihre Zimmertür zu passen, sondern jeden Morgen Fencheltee mit Cola trinkt und das Vortragen von Jesus-Liedern, begleitet von ihrer Gitarre, für ein Hobby hält. Die blonde Melanie aus der dritten Staffel schien zwar recht normal, haarsprayte sich aber täglich ihr Gesicht. So etwas muss doch gesundheitliche Nachwirkungen haben! Und jetzt flimmert bereits Staffel 4 über die Bildschirme und offenbart völlig neue Highlights im Menschenverachtungs-Himmel: Peer, der schielende Kratzbildfan, Engelfanatiker-... Nein, ich will die traurigen Figuren auf der Bühne dieses realen Schreckenstheaters gar nicht weiter beschreiben. Wer einen starken Magen und wenig Gewissen hat, sollte sich die Sendung unbedingt angucken.

Kurz: Ich mag Sendungen, in denen die Menschen sich unfreiwillig zum Affen machen und von ihrer schlechtesten Seite beleuchtet werden. Egal ob sie sich selber nur spielen oder nicht, aber "Schwiegertochter gesucht" ist für mich ganz großes Kino und das macht mich zum herzlosen Arschloch.

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